19 November 2008

Vertrauen

Man hört es überall im Moment, das Vertrauen sei zerstört in unsere Banken. Der Staat müsse helfen, das Vertrauen wieder herzustellen. Kürzlich hatte Beat Kappeler in der NZZ am Sonntag auf sehr explizite Weise erklärt, wie sehr unser Finanzsystem auf Vertrauen beruht. Nur kommt es mir vor, dass uns das Vertrauen schon längst abhanden gekommen ist.
Früher hiess es noch, das Kapital eines Geschäftsmannes sei sein Wort. Heute haben wir nicht zuletzt von amerikanischen Verhältnissen gelernt, für jede Handlung und jedes Geschäft seitenlange Verträge auszuarbeiten.
Jeder kennt sie die Verträge der Mobiltelefon Gesellschaften, welche so geschrieben sind, dass man sie erst dann liesst, wenn es zu spät ist. Kein vernünftiger Mensch würde solche Bedingungen akzeptieren, wenn er sie tatsächlich zur Kenntnis genommen hätte.
Bei Versicherungen hiess es einst, dass das geschenkte Vertrauen eine Verantwortung sei. Damit ist es längst vorbei. Das «Kleingeschriebene» heisst es und man meint, dass die Verträge so geschrieben sind, dass man sie nicht verstehen könne. Die Verantwortung der Versicherungen wird dann auch so wahrgenommen, wie man es ihnen unterstellt. Im Schadenfall muss man heute bei vielen Gesellschaften sehr gut beraten sein, um noch eine Leistung zu bekommen.
Das missbrauchte Vertrauen beginnt wohl mit den Methoden des modernen Marketings. Wer kennt sie nicht die leeren Versprechungen der Werbung, die Verpackungen, welche Inhalte suggerieren, die nicht vorhanden sind. Damit die Werbung glaubhafter wirkt, werden Zeugen, bekannte Leute genommen, oder Herren mit weissen Kitteln und Damen mit langen Beinen. Da muss das Produkt ja gut sein. Neu, Besser - schon Coluche wusste, dass das neue Persil weisser als weiss wäscht. Früher hiesse es, man könne dem Juden nicht trauen, weil er sein Wort nicht halte und weil er nur auf das schnelle Geschäft aus sei. Sind wir in diesem Sinne nicht alle Juden geworden?
Es geht nicht nur um Vertrauen in die Finanzkrise, es geht letztlich um gesellschaftliche Werte, um eine gesellschaftliche Organisation, wo man entscheiden will, ob der Staat mangels Vertrauen in seine Bürger, alles kontrollieren und reglementieren soll, oder ein System, in dem man den Leuten möglichst viele individuelle Freiheiten erlaubt, weil man ihnen vertraut. Letzteres funktioniert jedoch nur, wenn die Leute sich dieser Verantwortung bewusst sind und sich entsprechend benehmen.

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